DAX schließt leicht im Plus: Der US-Zinsentscheid und seine weitreichenden Implikationen für die globalen Finanzmärkte
Der DAX, der deutsche Leitindex, hat heute leicht zugelegt. Er schloss mit einem Plus von 0,13 Prozent bei 23.359 Punkten. Die Anleger warten gespannt auf die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed, die heute Abend bekannt gegeben wird. Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für die Finanzmärkte weltweit, da sie die Weichen für die kommenden Wochen und Monate stellen könnte. Die Nervosität an den Märkten ist deutlich spürbar, was sich in den Schwankungen der Aktienkurse widerspiegelt.
Nervosität und Erwartungen vor dem Zinsentscheid
Die Erwartungen der Anleger sind klar: 96,1 Prozent der Marktteilnehmer rechnen laut dem Fed Watch Tool der CME Group mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte, während 3,9 Prozent sogar einen großen Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten erwarten. Die Fed hatte das letzte Mal im Dezember des vergangenen Jahres den Leitzins gesenkt, auf eine Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent. Eine Zinssenkung könnte die Wirtschaft ankurbeln, aber auch zu Inflationssorgen führen.
Anleger sollten jedoch das Börsenphänomen des "fait accompli" im Hinterkopf behalten. Kommt es wie erwartet zu einer Zinssenkung, könnte die vollendete Tatsache zum Anlass für Gewinnmitnahmen genommen werden und zu deutlichen Kursverlusten führen, trotz der eigentlich für die Aktienmärkte günstigen Entscheidung. Dies könnte zu einer zweiten, massiven Verkaufswelle führen, insbesondere wenn die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell hinter den Markterwartungen zurückbleiben. Die Märkte haben bereits fünf weitere Leitzinssenkungen bis Ende 2026 eingepreist, was das Enttäuschungspotenzial erhöht.
Expertenmeinungen und mögliche Auswirkungen
Experten wie Kyle Rodda von Capital.com und Frank Sohlleder von ActivTrades raten zur Vorsicht. Sie betonen, dass die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell entscheidend sein werden. Sollte die Fed keine positiven Signale senden, könnte der DAX weiter fallen und möglicherweise sogar eine zweite, massive Verkaufswelle auslösen. "Sollte die Fed heute keine positive Überraschung liefern, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der DAX weiter fallen und möglicherweise sogar eine zweite, massive Verkaufswelle auslösen wird", warnte Frank Sohlleder. Die Fed steht vor der Herausforderung, die Wirtschaft anzukurbeln, ohne dabei die Inflation zu stark zu befeuern.
Technische Analyse des DAX
Aus technischer Sicht ist der DAX nach dem gestrigen Kursrutsch stark belastet. Sollte die Marke von 23.400 Punkten nachhaltig unterschritten werden, könnte es zu weiteren Verlusten kommen. Die Experten von HSBC Trinkaus sehen ein Abschlagspotenzial von bis zu 1.200 Punkten. Der September, der oft als "saisonaler Schreckensmonat" bezeichnet wird, könnte dann seinem Ruf gerecht werden. Ein weiterer Rückgang des DAX könnte auch andere europäische Märkte belasten und zu einer breiten Marktkorrektur führen.
Daten vom US-Wohnungsmarkt
Die aktuellen Daten vom US-Wohnungsmarkt stützen die Zinssenkungserwartungen. Die Zahl der neu begonnenen Wohnungen im August sank um 8,5 Prozent auf 1,307 Millionen, während die Baugenehmigungen um 3,7 Prozent auf 1,312 Millionen sanken. Diese Daten deuten auf eine Schwächung des Wohnungsmarktes hin, was die Erwartungen an eine Zinssenkung weiter unterstützt. Ein schwächerer Wohnungsmarkt könnte die Fed dazu veranlassen, die Zinsen zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dies könnte jedoch auch zu einer Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt führen, wenn die Zinsen zu lange zu niedrig bleiben.
Entwicklung der US-Märkte
Die US-Märkte zeigen ein uneinheitliches Bild. Während der Dow Jones deutlich höher in den Tag gestartet ist und rund 0,6 Prozent zulegt, büßt der Nasdaq 100 rund 0,5 Prozent ein. Belastet wird der Nasdaq durch Nvidia, nachdem Chinas Cybersicherheitsbehörde CAC die größten Technologiekonzerne des Landes angewiesen hat, Käufe bestimmter KI-Chips bei dem Chipriesen zu unterlassen. Diese Entwicklung könnte weitreichende Auswirkungen auf den Technologiesektor haben, insbesondere wenn sich die Spannungen zwischen den USA und China weiter verschärfen. Ein Handelskrieg könnte die globalen Lieferketten stören und zu höheren Preisen für Technologieprodukte führen.
Euro und Gold
Der Euro gibt zur Stunde 0,23 Prozent auf 1,1844 Dollar nach. Tags zuvor hatte die europäische Gemeinschaftswährung bei 1,1877 Dollar den höchsten Stand seit vier Jahren markiert. In einem durch hohe US-Zölle ohnehin schon angespannten Umfeld ist der teure Euro eine Belastung für die im DAX schwer gewichtete deutsche Exportindustrie. Ein starker Euro könnte die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporteure beeinträchtigen und sich negativ auf die Aktienkurse auswirken. Dies könnte auch die Europäische Zentralbank dazu veranlassen, ihre Geldpolitik zu lockern, um die Wirtschaft zu unterstützen.
Wenige Stunden vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank nahmen einige Gold-Anleger Gewinne mit. Das Edelmetall verbilligt sich bis zum frühen Abend um 0,3 Prozent auf 3.683 Dollar je Feinunze, nachdem es gestern noch auf ein Rekordhoch von 3.703 Dollar gestiegen war. Sollte die Fed eine bevorstehende Serie von Zinssenkungen signalisieren, könnte mit einem erneuten Kursschub für die "Anti-Inflationswährung" gerechnet werden. Gold könnte dann weiter an Wert gewinnen, da es als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten gilt. Dies könnte auch andere Edelmetalle und Rohstoffe beflügeln, da Anleger nach sicheren Anlageformen suchen.
Unternehmensnachrichten
Im DAX war die SAP-Aktie der größte Gewinner. Mit einem Anstieg um 3,2 Prozent waren die Titel des Softwarekonzerns auch eine Stütze für den deutschen Leitindex, den sie in den vergangenen Monaten gebremst hatten. Seit ihrem Rekordhoch im Februar hat die SAP-Aktie rund 25 Prozent verloren. Die Erholung der SAP-Aktie könnte ein positives Signal für den Technologiesektor sein, insbesondere wenn das Unternehmen seine Wachstumsstrategie erfolgreich umsetzt. SAP steht vor der Herausforderung, seine Cloud-Geschäfte auszubauen und gleichzeitig die Margen zu halten.
Die italienische UniCredit kontrolliert nach eigenen Angaben 29 Prozent der Commerzbank-Aktien. Man habe nun die volle Kontrolle über die physischen Anteile, sagte UniCredit-Chef Andrea Orcel. Die Bank stehe bei ihrer Beteiligung nicht unter Druck. "Wir können einfach dasitzen und abwarten, wie sie sich entwickeln", erklärte Orcel. Diese Entwicklung könnte weitreichende Auswirkungen auf den europäischen Bankensektor haben, insbesondere wenn UniCredit seine Beteiligung weiter ausbaut. Eine mögliche Fusion könnte die Wettbewerbslandschaft im europäischen Bankensektor verändern und zu Konsolidierungen führen.
Die überraschende Übernahmeofferte von Jindal Steel für die Stahltochter von Thyssenkrupp verhalf dem deutschen Traditionskonzern zu einem Kursschub. Die im MDAX notierte Aktie von Thyssenkrupp stieg im frühen Handel um bis zu 3,9 Prozent auf 11,89 Euro, den höchsten Stand seit über vier Jahren. Diese Entwicklung könnte ein positives Signal für den Industriesektor sein, insbesondere wenn weitere Übernahmen folgen. Thyssenkrupp steht vor der Herausforderung, seine Stahlsparte zu restrukturieren und profitabel zu machen.
Weitere Marktentwicklungen
Öl hat seine frühen Verluste teils wieder wettgemacht. Die Rohölsorte Brent aus der Nordsee notiert zur Stunde bei 68,27 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit 0,3 Prozent tiefer. In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche unerwartet gefallen. Die Rohölvorräte sanken um 9,3 Millionen auf 415,4 Millionen Barrel. Diese Entwicklung könnte sich positiv auf die Ölpreise auswirken, insbesondere wenn die Nachfrage weiter steigt. Höhere Ölpreise könnten jedoch auch die Inflation befeuern und die Wirtschaft belasten.
Die Formycon-Aktie profitierte von einer weiteren Vertriebsvereinbarung zu ihrem Biosimilar zu Bayers Augenmedikament Eylea. Ein Händler wertete den Deal am Morgen positiv, da Formycon nochmals Anteile an Meilensteinzahlungen und Lizenzumsätzen zufließen. Diese Entwicklung könnte ein positives Signal für den Biotechnologiesektor sein, insbesondere wenn weitere Verträge folgen. Formycon steht vor der Herausforderung, seine Produkte erfolgreich auf den Markt zu bringen und die Rentabilität zu steigern.
Die experimentelle Abnehmpille vom US-Pharmakonzern Eli Lilly könnte nach Einschätzung von Wall-Street-Analysten ein beschleunigtes Zulassungsverfahren der US-Arzneimittelbehörde FDA durchlaufen. Diese Entwicklung könnte weitreichende Auswirkungen auf den Pharmasektor haben, insbesondere wenn weitere innovative Medikamente folgen. Eli Lilly steht vor der Herausforderung, die Wirksamkeit und Sicherheit der Pille nachzuweisen und gleichzeitig die Kosten im Rahmen zu halten.
Geopolitische Entwicklungen
Microsoft hat anlässlich des Besuchs von US-Präsident Donald Trump in Großbritannien Milliardeninvestitionen in die britische KI-Infrastruktur angekündigt. In einem Zeitraum von vier Jahren werde Microsoft 30 Milliarden Dollar im Vereinigten Königreich investieren, erklärte das Unternehmen. Rund die Hälfte der 30 Milliarden Dollar soll in Cloud Computing und KI-Infrastruktur fließen. Diese Investitionen könnten die britische Technologiebranche beflügeln und neue Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig könnten sie jedoch auch zu Datenschutzbedenken führen, insbesondere wenn sensible Daten in der Cloud gespeichert werden.
YouTube öffnet die Tür für mehr KI bei der Video-Produktion sowohl hinter der Kamera als auch auf dem Bildschirm. So bindet die Google-Tochterfirma die Software Veo 3, die Videos aus Textvorgaben erstellt, in Kurzclips von YouTube-Shorts ein. Videos mit KI bekommen eine entsprechende Kennzeichnung in den Notizen. Diese Entwicklung könnte die Art und Weise, wie Videos produziert und konsumiert werden, grundlegend verändern. Gleichzeitig könnte sie jedoch auch zu Urheberrechtsfragen führen, insbesondere wenn KI-generierte Inhalte mit bestehenden Werken kollidieren.