Die komplexe Situation der Belugawale in Kanada und die ethischen Implikationen der Haltung von Meeressäugern in Gefangenschaft
In Kanada steht ein Park namens Marineland vor einer großen Herausforderung. Nach der Schließung des Parks aufgrund finanzieller Schwierigkeiten stellt sich die Frage: Wohin mit den 30 Belugawalen, die dort zu Showzwecken gehalten wurden? Der geplante Export nach China wurde von der Regierung untersagt, und nun droht der Park damit, die Tiere zu töten, falls keine staatliche Soforthilfe geleistet wird. Diese Situation wirft wichtige Fragen über die Haltung von Meeressäugern in Gefangenschaft und die Verantwortung der Delfinarien auf.
Die Problematik der Haltung von Belugawalen in Gefangenschaft
Belugawale sind hochsoziale und intelligente Tiere, die in freier Wildbahn in komplexen Familienverbänden leben und große Strecken zurücklegen. Die Haltung in Becken ist für diese Tiere sowohl physisch als auch psychisch extrem belastend. Die Becken bieten nicht genug Platz, und die sozialen Strukturen, die für das Wohlbefinden der Wale essenziell sind, können nicht adäquat nachgebildet werden.
Die Suche nach Alternativen und die Herausforderungen von Meeresrefugien
Eine mögliche Lösung für die Belugawale wäre die Unterbringung in Meeresrefugien. Diese Refugien sind abgeschirmte Küstenbereiche, in denen die Tiere in einer naturnahen Umgebung leben und sich langsam an die Freiheit gewöhnen können. Ein solches Refugium wird derzeit in der kanadischen Provinz Nova Scotia errichtet. Allerdings sind solche Projekte komplex und kostspielig.
Ein Beispiel für die Herausforderungen von Auswilderungsprojekten ist die Geschichte von Keiko, dem Wal aus dem Film "Free Willy". Trotz eines Budgets von über 20 Millionen US-Dollar und jahrelanger Bemühungen war die Auswilderung am Ende nicht erfolgreich. Keiko starb 2003 an einer Lungenentzündung, nachdem er sich keiner wilden Orca-Gruppe angeschlossen hatte und weiterhin auf menschliche Hilfe angewiesen war.
Die Verantwortung der Delfinarien und die ethischen Implikationen
Die Situation der Belugawale in Kanada wirft wichtige ethische Fragen auf. Tamara Narganes Homfeldt, eine Meeresbiologin der Organisation Whale & Dolphin Conservation, betont die Verantwortung der Delfinarien. Diese Einrichtungen haben über Jahre hinweg finanziell von den Meeressäugern profitiert und sind daher in der Pflicht, für das Wohlergehen der Tiere zu sorgen – auch nach einer Schließung.
Ein zentrales Problem ist die Zucht von Walen und Delfinen in Gefangenschaft. Tamara argumentiert, dass die Zucht eingestellt werden sollte, um das Problem langfristig zu lösen. Gleichzeitig muss die Situation der Tiere, die bereits in Gefangenschaft leben, verbessert werden. Die Einrichtung von Meeresrefugien ist ein wichtiger Schritt, aber es gibt derzeit nicht genug solcher Refugien, um alle Tiere unterzubringen.
Die öffentliche Aufmerksamkeit und das wachsende Bewusstsein
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Probleme der Haltung von Meeressäugern in Gefangenschaft gewachsen. Immer mehr Menschen und Organisationen setzen sich für die Rechte der Wale ein. Allerdings blockieren die Parks oft Gespräche mit Tierschutzorganisationen und versuchen, die Tiere mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Ein Beispiel für die öffentlichen Bemühungen ist die Double Bay Sanctuary Foundation, die sich für die Freilassung von Corky, einem Orcaweibchen, das seit 56 Jahren im SeaWorld-Park in San Diego lebt, einsetzt. Trotz der Einrichtung eines Refugiums gibt es bisher keine Anstalten, das Tier freizulassen.
Die Zukunft der Meeressäuger in Gefangenschaft
Die Zukunft der Meeressäuger in Gefangenschaft ist ungewiss. Es gibt zwar Fortschritte in der öffentlichen Wahrnehmung und im Bewusstsein für die Probleme, aber die Umsetzung von Lösungen ist komplex und kostspielig. Die Einrichtung von Meeresrefugien ist ein wichtiger Schritt, aber es gibt noch viele Herausforderungen zu bewältigen.
Tamara betont, dass die Delfinarien endlich anfangen müssen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sie weiterhin Wale und Delfine züchten sollten. Die Einstellung der Zucht wäre ein wichtiger Schritt, um das Problem langfristig zu lösen. Gleichzeitig muss die Situation der Tiere, die bereits in Gefangenschaft leben, verbessert werden.