Spionage, Sabotage und hybride Kriegsführung: Der Prozess gegen drei Männer in München und die wachsende Bedrohung durch russische Aktivitäten
Das Oberlandesgericht München hat drei Männer wegen Spionage für Russland verurteilt. Der Hauptangeklagte, Dieter S., ein 41-jähriger Deutsch-Russe, wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die anderen zwei Angeklagten erhielten Haftstrafen von einem halben Jahr und einem Jahr auf Bewährung. Die Männer hatten mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgespäht und Fotos sowie Videos an einen russischen Geheimdienstkontakt weitergeleitet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie Sabotageakte in Deutschland geplant hatten, um die Unterstützung für die Ukraine zu untergraben.
Die Anschlagspläne und die Verteidigung
Laut Anklage hatte Dieter S. seit Oktober 2023 mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgespäht, darunter US-Militärstützpunkte, einen Verladebahnhof und ein Werkzeugbauunternehmen. Er soll diese Aufnahmen an einen russischen Geheimdienstkontakt weitergeleitet haben. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass er im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes agierte und konkrete Sabotageakte gegen militärische Infrastruktur und Bahnlinien vorbereitete. Nach Überzeugung des Gerichts hatte S. außerdem zwischen 2014 und 2016 als Paramilitär in der Ostukraine für die selbsternannte "Volksrepublik Donezk" gekämpft, eine pro-russische Miliz, die im Osten des Landes gegen ukrainische Streitkräfte vorging. Damit sei er Teil einer terroristischen Vereinigung gewesen.
Dieter S. bestritt die Vorwürfe. Er sagte, er habe sich in der Ostukraine nur wegen einer Beziehung zu einer Frau aufgehalten und sei nie in kriegerische Aktionen verwickelt gewesen. Auch die Spionagevorwürfe wies er zurück. Die Verteidigung beantragte Freispruch für alle drei Männer. Die Bundesanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten acht Jahre und acht Monate Haft gefordert. Für die beiden Mitangeklagten verlangte sie jeweils ein Jahr Haft auf Bewährung.
Die Urteilsbegründung und weitere Ermittlungen
Der Vorsitzende Richter Jochen Boesl sagte bei der Urteilsverkündung: "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Anklage im Wesentlichen zutrifft." Die Aktivitäten des Hauptangeklagten wurden von seinen zwei Bekannten unterstützt, die nun ebenfalls verurteilt wurden. Die Männer bestritten im Prozess, Spione zu sein. Sie hätten sich "nur scherzhaft und ironisch" über mögliche Anschläge unterhalten, so ihre Aussage. Die Bundesanwaltschaft sah das anders: Auch sie hätten sich "sehr bewusst entschieden, auf diese Art und Weise tätig zu werden".
Warnungen vor hybrider Kriegsführung und weitere Fälle
Deutsche Sicherheitsbehörden hatten bereits zuvor vor russischen Agenten gewarnt, die seit dem Überfall auf die Ukraine 2022 über soziale Medien angeworben werden sollen. Die Bundesregierung wirft der russischen Führung seit Langem eine "hybride Kriegsführung" vor, darunter Sabotage, Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und andere destabilisierende Maßnahmen. Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass ab Dezember vor dem Frankfurter Oberlandesgericht drei weitere Männer wegen mutmaßlicher Spionage für Moskau vor Gericht stehen: ein Ukrainer, ein Armenier und ein Russe. Sie sollen im Auftrag russischer Geheimdienste einen ehemaligen ukrainischen Soldaten beschattet haben, offenbar im Rahmen eines geplanten Attentats.
Bereits im Mai waren drei Ukrainer festgenommen worden, die angeblich Sabotageakte gegen den deutschen Güterverkehr zugunsten Russlands vorbereitet hatten. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, warnte im August, Deutschland sei "Ziel einer breiten Palette russischer Aktivitäten". Neben einfachen Agenten zählten dazu "zunehmend Cyberangriffe, Desinformation und konkrete Sabotageakte". Diese zielten darauf ab, "Angst, Unsicherheit und Zweifel an der Demokratie" zu säen, sagte Selen. Die Bedrohung durch russische Aktivitäten in Deutschland nimmt zu, und die Sicherheitsbehörden sind alarmiert.