
Kunst und Kultur in der Ukraine: Ein Zeichen der Widerstandsfähigkeit und Identität
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Jahr 2022 hat die Ukraine schwere Verluste erlitten. Trotz der Zerstörung und des Leidens bleiben Museen und Kulturstätten wichtige Orte für die Menschen. Sie sind nicht nur Zeugnisse der Geschichte, sondern auch Symbole der Hoffnung, des Widerstands und der nationalen Identität. In diesen schwierigen Zeiten zeigt sich der Kampf um eine eigenständige Kultur und Identität.
Das Nationale Kunstmuseum in Odessa: Ein Symbol der Widerstandsfähigkeit
Das Nationale Kunstmuseum in Odessa ist ein beeindruckendes Gebäude aus dem 19. Jahrhundert und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im November 2023 wurde es von einer russischen Rakete getroffen. Die Fenster, Wände und Decken wurden schwer beschädigt. Mykola Lukin, der Kurator des Museums, beschreibt den Schock, den er empfand, als er die Zerstörung sah: "Ich fühlte mich wie krank, denn ich arbeite in diesem Museum, ich kenne es aus meiner Kindheit. Ich dachte erst, dass es das Museum nicht mehr länger geben wird, denn die Fotos sahen absolut furchtbar aus."
Viele Freiwillige haben geholfen, das Museum wieder aufzubauen. Heute gibt es eine neue Ausstellung mit Kunstwerken von Studenten der Staatlichen Kunsthochschule Grekow, der ältesten Kunsthochschule der Ukraine. Lukin betont die Bedeutung des Museums: "Museen sind sehr wichtige Punkte auf der Landkarte von Odessa, die ganze Generationen von Künstlern vereinen. Die Künstlergemeinschaft hier hat ihre eigenen unterschiedlichen Gruppen und Konflikte, aber Ereignisse wie diese bringen alle zusammen."
Die Ausstellung "Plejaden": Ein Spiegel der ukrainischen Geschichte
Die Ausstellung "Plejaden" zeigt die Geschichte der Ukraine durch die Kunst. Der Name der Ausstellung ist von dem Sternhaufen inspiriert, wobei jedes Werk wie ein einzelner Stern ist, entstanden unter den Umständen seiner Zeit. Lukin hat mehr als 300 Objekte zusammengetragen, darunter Gemälde, Grafiken und Keramiken aus verschiedenen Epochen, von der Zeit des Zarenreichs bis zur unabhängigen Ukraine.
Die Ausstellung erzählt vom Streben nach einer unabhängigen Kultur, von Terror und Verfolgung, aber auch von Anpassung und Propaganda. Lukin erklärt: "Wir haben bereits eine Reihe von negativen Meinungen zu einigen der Objekte erhalten. Aber dennoch ist dies unsere Geschichte. In einem so kritischen und dramatischen Moment für unser Land ist es sicherlich notwendig, sie kompromisslos zu zeigen, zu erforschen, auszustellen - und damit die Geschichte so darzustellen, wie sie ist."
Kunst als Symbol der nationalen Identität und des Zusammenhalts
Für viele Menschen in der Ukraine ist Kunst sehr wichtig. Sie gibt ihnen Hoffnung und Kraft. Christina Ratuschna aus Kiew sagt: "Wir spüren das umso stärker, weil wir einig sein wollen, weil wir mehr über unsere Identität erfahren wollen, insbesondere durch Schriftsteller, Künstler und Fotografen." Kunst hilft den Menschen, ihre eigene Kultur zu verstehen und zu zeigen.
Anastasia Rjahusowa, eine andere Besucherin, betont die Bedeutung der Kunst im Kriegsalltag: "Das ist sehr wichtig. Das ist sehr unterstützend, inspirierend, gibt Hoffnung, dass das Leben weitergeht und wir weiterkämpfen und an unsere beste Zukunft glauben."
Kultur und Kriegsalltag: Erste-Hilfe-Kurse im Museum
Trotz der Bedeutung der Kunst gibt es Momente, in denen andere Dinge wichtiger sind. Dann bietet das Museum zum Beispiel Erste-Hilfe-Kurse an. Die Menschen lernen, wie man Blutungen stoppt und Leben rettet. Das ist in Kriegszeiten sehr wichtig. Auf der Instagram-Seite des Museums heißt es: "Man lebe in Kriegszeiten. Es geht nicht um Wissen, sondern um die Bereitschaft, sich gegenseitig das Leben zu retten."
Kultureinrichtungen in der Ukraine: Verluste und Schutzmaßnahmen
Immer wieder werden auch Kulturstätten in der Ukraine von russischen Angriffen getroffen. Bis Juli 2025 zählte das Kulturministerium 1.500 Kulturdenkmäler und 2.300 Kultureinrichtungen, die im Krieg beschädigt oder zerstört wurden. Besonders große Verluste gab es in den Regionen Donezk, Charkiw und Cherson. Damit Kunstwerke und Ausstellungsobjekte nicht vernichtet werden, wurden bereits viele an anderen Orten in Sicherheit gebracht.
Die Sorge um die Kunstwerke ist groß. Mitarbeiter des Andrej-Scheptyzkyj-Nationalmuseums in Lwiw brachten zum Beispiel eine Ikonostase aus einer orthodoxen Klosterkirche in Sicherheit. Auch Exponate aus dem Kunstmuseum in Odessa wurden weggeschafft. Einige Rahmen und Wände bleiben deswegen leer. Und trotzdem lebt das Museum weiter.